Instagram TV
Videos als Chance für Marken
Dilan Disli
In Deutschland sind 15 Millionen Menschen auf Instagram aktiv – weltweit sind es schon eine Milliarde. Auch die Anzahl der User von Storys ist im Vergleich zum Vorjahr massiv gestiegen und liegt inzwischen täglich bei 400 Millionen. Die Anzahl von täglich produzierten Videos und die durchschnittliche Wiedergabedauer haben sich in nicht einmal einem Jahr um ein Vielfaches erhöht. Ein Beweis dafür, dass vertikale Formate durch die Nutzung mobiler Endgeräte nun mit dem Querformat mithalten können. Der große Erfolg dürfte einer der Gründe gewesen sein, warum die Plattform mit Instagram TV einen Schritt weiter gegangen ist.
Bisher hatten Instagram-Videos eine Maximaldauer von 60 Sekunden, die Storys nur 15 Sekunden – also eher „snackable” Inhalte. Große und verifizierte Accounts können mit Instagram TV (kurz: IGTV) nun bis zu 60-minütige Videos hochladen (kleinere und private Accounts bislang zumindest 10-minütige). Aus der ursprünglichen Foto-App ist nun endgültig eine Content-Plattform mit vielfältigen Formaten geworden. Kein Wunder, warum es mit dem Launch von IGTV heiße Diskussionen um diesen sogenannten „Anschlag auf YouTube“ gibt. Doch kann ein einfaches Feature dem größten Videoportal der Welt Angst machen? Wir finden den Gedanken gar nicht mal so abwegig.
Mit IGTV bietet sich Marken eine weitere Möglichkeit, Content-Marketing mit Videoinhalten zu betreiben. Vier Gründe, warum wir von dem neuen „TV-Sender“ überzeugt sind.
1. Mehr Sendezeit bei hohem Reichweitenpotential
Die erfolgreiche Etablierung von Storys und die Einführung von „Story Highlights” zeigt, dass der Bedarf an längerem und langfristig abrufbarem Video-Content steigt. Für Influencer und Marken mit Kanalfokus auf Instagram ist dies eine enorme Chance, einen weiteren Touchpoint für eine Instagram-affine Zielgruppe zu erschließen. Dies geht mit dem Trend einher, dass Video-Content immer öfter über Smartphones gesehen wird.
2. Verticals im Trend
Videos im Hochformat aufnehmen und dann in den sozialen Medien posten? Vor Jahren war das für Marken undenkbar und galt eher als unprofessionell. Dass senkrechte Videos einmal das ursprünglich horizontale Full Screen Erlebnis für sich claimen und in einer Welt, die „Mobile First“ denkt, ernstzunehmende Formate sind, war nicht zu erwarten. Mittlerweile bestimmen Smartphones den größten Teil unseres Content-Konsums und User wollen die Inhalte so rezipieren wie sie ihr Device in der Hand halten: vertikal und im Vollbild. Laut einer Studie von YuME, nahmen 79 Prozent der Vertical Video Debütanten das Format als interaktiver wahr und würden es gegenüber horizontalen Videos bevorzugen. 65 Prozent der Befragten gaben an, dass Marken, die Vertical Videos für ihre Werbung nutzen, als innovativ empfunden werden. Nicht umsonst hat auch YouTube letztes Jahr seine Plattform für Hochkant-Videos optimiert. Nichtsdestotrotz liegt der Fokus des Kanals nach wie vor auf klassischen horizontalen Formaten, für deren Konsum das Drehen des Smartphones notwendig ist.
3. Mobile First
Schnell, unkompliziert und einfach – das sind die Grundvoraussetzungen für Smartphone-Anwendungen. Und auch IGTV wurde für die reine mobile Experience gebaut: Swipen, Fullscreen und Autoplay. Über das Suchfeld lassen sich zunächst Instagram-Profile finden und keine spezifischen Video-Titel oder bestimmte Themen. Der Fokus von IGTV liegt primär auf Vorschlägen und Streaming-Erfahrung, wohingegen YouTube auf Video-on-Demand setzt. Das Hochladen eines Content-Pieces bei IGTV ist schnell und einfach, genau wie der Upload in eine Story. Auf YouTube müssen Content Creators schon etwas mehr Zeit einplanen, um Beschreibungen und Keywords einzupflegen.
4. Suitable Content
Während es bei Storys eher um Aktualität und kurze „Content-Snacks” geht, haben wir bei IGTV die Chance auf längeres Storytelling. Es ist wichtig, die einzelnen Features auf Instagram differenziert zu betrachten und den Mehrwert für den User zu definieren und nicht den TV-Spot aus der Schublade zu holen und hochzuladen.
Eine Kombination aus Storys und IGTV kann extrem effektiv sein, da es viele Möglichkeiten gibt, die beiden Funktionen miteinander zu verbinden. Somit kann der Nutzer perfekt durch die passende User Journey geführt werden. Ob Produktanwendungen, Aufklärung über komplexe Funktionsweisen, Rezepte oder andere serielle Inhalte – mit IGTV gibt es vielfältige Möglichkeiten, die verlängerte Sendezeit für sich zu nutzen. Die Inhalte können geteilt, geliked und kommentiert werden und bleiben jederzeit aufrufbar, was der Content-Produktion und dessen Aufwand gerechter wird.
Wird IGTV YouTube überholen?
Langsam aber sicher verlassen wir die Ära, in der Marken und Influencer auf jeder Social Plattform ihre Profile auf jedem weiteren Kanal einbinden oder 23 aneinander gereihte Storys für ein Tutorial posten mussten. Für die Marken und Influencer, die ihren Fokus ohnehin schon auf Instagram hatten und bisher nur vereinzelt längeren Video-Content auf YouTube veröffentlicht haben, wird die Umzugsentscheidung zwar nicht schwer fallen, dennoch muss die Entwicklung des Kanals beobachtet werden. Da sich YouTube gut darin tut, finanzielle Anreize für Content Creators zu bieten, wird sich IGTV in diesem Bereich ebenfalls weiterentwickeln müssen und mit hoher Wahrscheinlichkeit Werbung zulassen. In Sachen Monetarisierungsmodelle hält sich Mutter Facebook noch mit den Informationen zurück, was bedeutet, dass besonders eingesessene YouTuber sich mit Sicherheit erstmal weniger von dem Sender beeindrucken lassen.
Die Zukunft wird zeigen, wie sich das Duell IGTV gegen YouTube gestaltet, oder ob wir es nicht vielmehr mit einer friedlichen Koexistenz zu tun haben werden. Fakt ist: Instagram TV ist einfach, benutzerfreundlich, lädt User zum Verweilen ein und bringt anders als so mancher Emporkömmling der Vergangenheit eine immense und etablierte Reichweite mit. Marken können diese Chance in verschiedensten Facetten nutzen, um ihre Touchpoint-Strategie zu erweitern und Synergien schaffen, indem sie zum Beispiel ihre Inhalte in beiden Formaten produzieren und auf beiden Kanälen zur Verfügung stellen.
Messbarkeit und Werbung auf IGTV
Aktuell umfassen die Auswertungsmöglichkeiten Basis-KPI wie Views, Likes, Comments und Verweildauer. Als Kategorien bzw. Channels gibt es: „Für dich“, „Abonniert“, „Beliebt“ und „Weiter ansehen“. Der Content wird einem also abhängig von persönlichen Abonnements und Verhalten bzw. Interesse algorithmus-basiert angezeigt. Durch welche Kategorie die Views letztendlich zustande gekommen sind, kann allerdings noch nicht ausgewertet werden. YouTube hingegen ist da schon ziemlich detailliert und kann durch die Verknüpfung mit Analytics, aufschlussreiche Insights über den Video-Traffic bieten.