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Web Summit 2017 Lissabon

Anfang November besuchten die drei elbdudler Anna Nissen (Client Service Director), Sonja Bylov (Strategie) und Larissa Loose (Creative Director) im Rahmen des „Women In Tech”-Programms den Web Summit in Lissabon. Dort drehte sich alles um die große Frage: Welche technischen Entwicklungen werden wie auf unser Leben und das Marketing Einfluss nehmen? Hier ein Blick auf die Themen der Konferenz, die 2018 für Konsumenten und Marken wichtig werden – oder bleiben.

Mit über 60.000 Teilnehmern und mehr als 1.200 Referenten – darunter prominente Namen wie Stephen Hawking, UN-Generalsekretär António Guterres oder Al Gore – ist der Web Summit mittlerweile die größte Technologie-Konferenz der Welt. Neben zahllosen Start-ups, die ihre Ideen vor Ort präsentierten, konnte man sich dort drei Tage lang mit Unternehmen, aber auch Vertretern politischen und gesellschaftlicher Institutionen austauschen.

Kernthemen der Konferenz? Schwer zu sagen. Auf mehreren Stages in vier Hallen wurden im Laufe der Konferenz unterschiedlichste Schwerpunkte in Bereichen wie Content Marketing, Fintech oder Healthtech gesetzt.

Grundsätzlich viel gesprochen wurde über AI und Machine Learning, Big Data und Blockchain. Dabei wurden gleichermaßen die Chancen dieser Technologien, aber auch die Gefahren künstlicher Intelligenz diskutiert. Themen wie der Umgang mit der Klimaerwärmung, Kreativität im Marketing oder die Zukunft von Werbung fanden ebenfalls prominente Plätze im Programm. Aus der Masse der Informationen und Meinungen haben wir vier Themen mitgenommen, die die Arbeit für und mit Marken im nächsten Jahr definitiv beeinflussen werden.

Vier Entwicklungen, die Marken 2018 nicht ignorieren können:
AI ist hier.

Artificial Intelligence, also vereinfacht gesagt mit Hilfe eines Computers Tasks zu erledigen, die eigentlich menschliche Intelligenz voraussetzen (z. B. das Treffen von Entscheidungen, Spracherkennung etc.), war eines der wichtigsten Themen auf dem Web Summit. Noch wird künstlicher Intelligenz mit viel Skepsis begegnet, denn sie könnte Arbeitsplätze kosten und die Grenzen ihres Einsatzes sind noch nicht definiert. Auf dem Web Summit war es aber einfach, sich von der positiven Stimmung und Neugierde auf aktuelle AI-Projekte anstecken zu lassen. Die Lernfortschritte der Programme sind groß und werden in nicht allzu ferner Zukunft eine individualisierte Kommunikation mit einer großen Menge an Menschen zulassen.

Erste Schritte in diese Richtung machen AI-unterstützte Chatbots, die schon komplexere, emotional anmutende Gespräche mit Menschen führen können. Das ist insofern spannend für Marken, als die individualisierte Kommunikation über Messenger immer wichtiger wird. Die Speaker in Lissabon waren sich dabei einig: Eine 1:1-Kommunikation von Marken mit Konsumenten – eben in Messengern – ist für Brands nicht skalierbar. Sie sehen daher die Zukunft der Kommunikation von Marken mit Kunden bei Chatbots, zumindest, wenn es um Serviceanfragen geht. Die meisten Chatbots, die heute zum Einsatz kommen, erscheinen aber nur intelligent, sie sind es noch längst nicht. Deshalb darf unserer Meinung nach nicht vergessen werden, was sie noch nicht leisten können.

Das Erproben von (Chat-)Bots für Marken ist aber genau jetzt attraktiv und sinnvoll, alles Weitere bleibt noch ein bisschen abzuwarten: Wir sind gespannt, ob und wie sich die technischen Fortschritte der AI in der Markenkommunikation anwenden lassen werden.

Bewegtbild bleibt wichtig.

Wenn wir ehrlich sind: Über Video Content wurde auf dem Web Summit nicht viel geredet. Bewegtbild im Marketing ist bereits so etabliert, dass hierzu aktuell alles gesagt scheint. Vielleicht nicht ganz alles, denn die Zahlen, die Thomas Meakin von McKinsey & Co. bei „Video in 2018: Challenges & Opportunities” vorstellte, sollte man sich doch noch einmal auf der Zunge zergehen lassen: Die Zeit, die User damit verbringen, Bewegtbild zu konsumieren, ist gewaltig. 2016 haben ihm zufolge Nutzer weltweit 60 Prozent ihrer Zeit online damit verbracht, Videos zu schauen. 30 Prozent der Zeit davon übrigens auf mobilen Geräten.

Das wirkt sich auch auf die Verteilung der Werbebudgets aus. In den USA wuchsen die Ad Budgets für Search und Online Video im Jahr 2016 um knapp 19 bzw. 24 Prozent, wohingegen TV nur ein leichtes Wachstum von etwa 5 Prozent verzeichnen konnte.

Was nicht heißt, dass TV-Werbung tot ist. Meakin zeigte, dass in den USA 2015 noch immer über 37 Prozent des Ad Budgets im TV landeten, Search immerhin 19 Prozent der Mittel abgreifen konnte, wohingegen Online Video mit nur 3,8 Prozent noch ordentlich aufholen kann. Vielleicht schon 2018?

„The Age of the Consumer” fordert Marken heraus.

Einigkeit herrschte auf dem Web Summit bei einem Thema: Authentizität bei der Markenkommunikation und Involvement der Zielgruppen ist und bleibt wichtig.

Marketers und Agenturen haben erkannt, dass das Aussenden von Werbebotschaften mit hohen, günstigen Reichweiten, wie bspw. Facebook sie uns in den letzten Jahren ermöglicht hat, noch nicht reicht, um einen nachhaltig positiven Effekt fürs Markenimage zu erzielen. Branding kann eben nicht durch Reichweite ersetzt werden, und Branding braucht Zeit.

Klare Message von Speakern wie Susan Credle (Global Chief Creative Officer FCB), Lars Silberbauer (LEGO) oder Jez Frampton (Interbrand): „brands are about people.” Vielleicht war es nie einfacher als heute für Konsumenten, daran mitzuwirken, ob Marken erfolgreich sind oder sie zu bremsen und vielleicht war es nie eindeutiger als heute, dass starke Marken auch das beste Geschäftswachstum vorweisen können, wie Frampton bei der Vorstellung der „Best Brands of 2017” zeigte.

Wie also entsteht eine starke Brand? Auch hier der Tenor: Kreativität und Fingerspitzengefühl für die Zielgruppen sind wichtig, wenn Marken interessant für Konsumenten werden und bleiben sollen. Für das Marketing an die Millennials und die Gen Z führt kein Weg an nahbarer Kommunikation vorbei. Die Millennials produzieren ähnlich viel Content, wie sie auch konsumieren. Brands, die es schaffen, nicht nur Nachrichten abzusenden, sondern auch die Konsumenten dazu einladen, selbst Geschichten über Marken und Produkte zu erzählen, liegen mit diesen auf einer Wellenlänge. Kurz: Marken müssen Konsumenten als kleine Social Influencer begreifen, die sich im kleinsten Kreis, nämlich unter Freunden und Followern ihrer Social Profile, regelmäßig inszenieren. Und die dort auch bereitwillig Produkte stagen.

Marken sollten nicht als Absender in Erinnerung bleiben, sondern eine kreative Bühne für den Konsumenten werden.

Marken können davon profitieren, indem sie nicht die Likes unter den eigenen Posts zählen, sondern den Konsumenten Produkte und Geschichten an die Hand geben, über die sie bei sich, auf ihren Profilen, reden können.

Ein solcher Kommunikationsansatz, der von Konsumenten aufgegriffen werden kann (und wird!), ist übrigens eine kreative Idee, die die Zielgruppe involviert (Bsp. Lego: Was ist ein Kronkiwongi?), eine Haltung oder eine gute Absicht (Toms: für jedes gekaufte Paar Schuhe wird ein Paar gespendet). Das ist genau das, was für Millennials schon heute bedeutsam ist, für die Gen Z aber noch wichtiger wird. Sie setzt es voraus, dass Marken eine Meinung vertreten, mit „Marketing with a purpose“ können sie sich identifizieren. Und sie können darüber reden. Ein wichtiger Punkt auf der Checkliste jeder Branding-Strategie im neuen Jahr sollte unserer Meinung nach daher diese Frage sein: Welchen Anlass biete ich meiner Zielgruppe, täglich über meine Marke zu reden?

Voice und Ton werden wichtiger – in mehrerlei Hinsicht.

Talks zu Audio waren auf dem Web Summit eher unterrepräsentiert, aber wir sind der Meinung: Genauso wichtig wie Video wird Ton. Der Ton zum Bild auf den Social Media Kanälen, klar, aber auch der Ton alleine. Zum einen denken wir dabei an Podcasts: Die Zahl der Podcast-Hörer ist 2016 in Deutschland deutlich gestiegen. Sicherlich genügt dieses Wachstum nicht, um pauschal von einer attraktiven Reichweite für alle Marken zu sprechen. Allerdings sind die Aktivitäten von Brands als Sponsor oder Kurator von Podcasts hierzulande aktuell wenig sichtbar. Ein guter Zeitpunkt für Digital Leader also, um zu prüfen, ob die eigene Zielgruppe affin für Podcasts ist und sich dort zu rechtzeitig zu platzieren. Untrügliches Signal dafür, dass dieses Format bald wichtiger werden könnte? Deutsche Influencer beginnen langsam, eigene Sendungen zu erstellen. Zum anderen wird die Stimme des Konsumenten wichtiger, sofern er digitale Sprachassistenten nutzt.

Unser Fazit vom diesjährigen Web Summit: Die technischen Entwicklungen, die gerade mit Chatbots, digitalen Sprachassistenten und Co. Teil unseres Alltags werden, revolutionieren gerade ein weiteres Mal unsere Kommunikation – wir sind jetzt schon gespannt, welche Fortschritte wir auf dem Summit 2018 sehen können.

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