Content Marketing
Bedeutet Content Marketing das Aus für klassische Werbung?
elbdudler
Wer die Fachmedien aufmerksam verfolgt, dem sind die Beiträge und Diskussionen rund um das Thema Content Marketing sicher nicht entgangen. So haben sich der Territory-Chef Soheil Dastyari und Thomas Strerath von Jung von Matt einen schonungslosen Schlagabtausch zum vermeintlichen Ende vom Content Marketing geliefert.
Thomas Strerath von Jung von Matt kritisierte Content Marketing:
„Weil jeder auf den Zug aufspringt, sind die Menschen von Content Marketing inzwischen mehr genervt, als sie es von Werbung je waren.“
„Immer mehr Content trifft auf immer weniger Interesse. Die Vorstellung, die Menschen würden sich darüber freuen, auf ihren Customer Journeys ständig Marken zu begegnen, ist in Wahrheit naiv.“
Soheil Dastyari von Territory hielt dagegen:
„Auch Werbung gibt es massenhaft und sehr viel davon ist wirklich schlecht und wird von den Menschen ignoriert − aber kann man deswegen Werbung generell in Frage stellen? Das ist doch Unsinn.“
Das sagen wir dazu:
Marie Burghardt, Social Media Analyst
Ich glaube nicht, dass die User weniger agieren. Es gibt einfach nur immer mehr Content, der dazu führt, dass sich die Interaktionen auf die größere Menge aufteilen müssen.
Es ist wichtig, wieder weniger und dafür besseren Content zu produzieren. So reduziert sich auch die Gesamtmenge wieder, die Qualität steigt und der User hat nicht das Gefühl, er wird mit so viel Irrelevantem zugeschüttet. Am Ende geht es meiner Meinung nach um relevanten Content, der interessant und neugierig aufbereitet ist und mit einer gewissen Menge an Mediabudget versehen wird. Ohne geht halt nicht mehr.
Und dass nur noch Werbung das Wahre ist und Content Marketing (bald) tot, finde ich unsinnig. Es trennt sich halt die Spreu vom Weizen. Für manche Brands lohnt sich Content Marketing bzw. Social Media Marketing mehr als für andere, vor allem, um Kunden an sich zu binden. Am Ende ist es aber einfach auch ein weiterer Kanal neben der klassischen Werbung. Weder das Eine noch das Andere wird allein bestehen bleiben.
Lucas Aydin, Senior Conceptionist
Als großes Problem in der Diskussion sehe ich die Definition von Content (Marketing) selbst. Die ist schon seit Beginn müßig. Ist Content dann Content, wenn er einen Mehrwert (darunter auch Entertainment) bietet? Dann kann ein Werbespot auch Content sein. Ist es dann Content, wenn die Zielgruppe ihn aktiv sucht bzw. freiwillig konsumiert? Da wird es auch schon wieder schwammig.
Pauschal-Aussagen, dass in Zukunft nur noch das eine oder das andere funktionieren wird, empfinde ich als unsinnig. Es gilt immer, sich den Einzelfall anzusehen – in vielen Fällen wird eine individuell abgestimmte Mischung der richtige Weg sein.
Dass es ein Überangebot an Content gibt, unterschreibe ich. Umso mehr lassen sich User die Kuratierung dann eben durch Algorithmen abnehmen und die Macht wandert weiter zu Facebook und Konsorten. Das begünstigt Pay to Play.
Spannend wird die weitere Entwicklung von Ad Blocking und freiwillig konsumierter Werbung (siehe Skip Button). In diesem Kontext wird es meines Erachtens immer schwieriger werden, ausschließlich auf Basis einer klassischen Push-Denke zu bestehen.
Eine ganzheitliche On- und Offline-Markenerfahrung, beruhend auf ausgezeichneten Produkten und einer echten Haltung, die die Zielgruppe in ihren natürlichen Journeys über Push und Pull erreicht, sollte das Ziel sein.
Torsten Wiesner, Director Strategie & Konzept
Die bekannte These „Marken werden immer mehr zu Publishern“ von Herrn Dastyari geht meiner Meinung nach nicht automatisch mit seiner zweiten These „Das Kräfteverhältnis von Paid, Owned und Earned Media verschiebt sich zugunsten von Owned und Earned.“ einher. Die beiden Thesen müssen unabhängig voneinander betrachtet werden und genau das fehlt mir in diesem Schlagabtausch.
Die Vielfalt von Content, egal ob sie nun nach schwammiger Definition zu Content-Marketing oder Werbung zählen, hat mit Sicherheit zugenommen und das ist auch gut so. Schließlich ist es einer der Schlüssel effizienter Marktkommunikation, kanalgerecht und relevant zu kommunizieren – und somit immer auch nutzerzentriert zu agieren. Ob hier dann die Kreation der Strategie folgt, wie von Herrn Strerath gefordert, oder nicht doch umgekehrt, wäre meiner Meinung nach eine deutlich spannendere Diskussion gewesen. Das richtige Zusammenspiel von Kreation und Strategie ist eine der zentralen Aufgaben zeitgemäßer Agenturarbeit und Markenführung.
Egal wieviel Content aber produziert wird, werde ich aus strategischer Sicht immer fragen: „Wer bekommt diesen Content zu sehen und wie stellt ihr das sicher?“ Dabei ist tatsächlich Pay to Play die derzeit prominenteste Lösung, wobei auch hier nicht die falsche Schlussfolgerung gezogen werden darf, dass jeglicher Content-Müll in den Stream gepusht werden darf. Pay to Play ist aber nicht die alleinige Lösung. Fest steht: Jeder Content braucht ein Aktivierungskonzept, egal ob wir ihn nachher als paid, owned oder earned Media bezeichnen. Dies kann über effiziente Mediaplanung gelöst werden, über Influencer oder auch über eine gute SEO/SEA Strategie – ganz umsonst wird aber keine der Lösungen sein.