Werbewirkung
Wo Werbung ist, muss Werbedruck sein!
Michael Mehring
Im digitalen Raum kann man deutlich mehr KPIs messen als in der Klassik. Was aber als Lösung für viele Probleme galt, sollte heute hinterfragt werden. Denn manchmal sind weniger präzise, dafür vergleichbare KPIs aufschlussreicher als die rein digitalen Indikatoren. Ein Appell für klassische KPIs im digitalen Raum von Michael Mehring, Senior Strategist bei elbdudler.
Als Millennial, der im digitalen Raum aufgewachsen ist und auch beruflich nie ein Faible für klassische Mediaplanung entwickelt hat, stand ich den KPIs der TV-Kollegen immer skeptisch gegenüber. „Opportunity-to-see“ heißt im digitalen Marketing „Frequenz“ – und durch die Messung von Verweildauer und View-Through-Rate habe ich sogar noch qualitative Messmethoden, die ich anlegen kann. Was ein GRP (Gross Rating Point) ist, musste ich vor ein paar Jahren googlen, denn in der alltäglichen Arbeit an Digitalkampagnen ist er kein festes Erfolgskriterium und nicht üblich wie in der klassischen Mediaplanung. Die Berechnungsgröße mutet eher pseudowissenschaftlich an: Das gleiche GRP-Ergebnis wird erzielt, wenn man 60 Prozent der Zielgruppe zweimal oder 20 Prozent sechsmal erreicht? Das wirkt für digitale Marketer seltsam, sagt es doch erstmal eher wenig über den Erfolg einer Kampagne aus, und ist in der medialen Aussteuerung individuell beeinflussbar. Dass der GRP als KPI aber nicht nur eine Daseinsberechtigung, sondern durchaus Gewicht hat, kann ich heute nachvollziehen.
Vergleichbarkeit im Media-Mix durch GRP statt Social-KPIs
Mit der Entwicklung von Social-Media-Kanälen zu vollumfänglichen Marketingkanälen, die auch flächendeckend Awareness schaffen können (ja, die Community-Ära ist endgültig vorbei), tritt die Vergleichbarkeit innerhalb des Media-Mix in den Vordergrund. Unser Anspruch bei elbdudler ist es, die Wirkung digitaler Kommunikation für unsere Kunden greifbar zu machen. Doch wenn man über Wirkung spricht, kommt man mit den tollen Social-Media-KPIs schnell an seine Grenzen: Wie viel Wirkung erzielt ein View auf Facebook? Wieviel wiegt ein Like auf Instagram? Letztlich sind solche Indikatoren gut messbar, aber eine seriöse Aussage zur Werbewirkung lässt sich nicht treffen. Facebook hat diese Problematik im Kampf um globale Werbebudgets bereits erkannt und setzt zunehmend auf KPIs, die weitere Rückschlüsse zulassen. Ein gutes Beispiel ist die Estimated Ad Recall Lift Rate, die nun zumindest die geschätzte Werbeerinnerung ausweist, und in der Messung von Wirkung schon einen großen Schritt nach vorn bedeutet.
Die klassischen KPIs wie der GRP lassen, wenn es um die crossmediale Vergleichbarkeit von Werbung geht, mittlerweile bessere Rückschlüsse auf die Kanalplanung zu. In Kampagnenphasen, aber auch bei mediaseitig großzügig unterstützten Einzelinhalten ist es mittlerweile sinnvoll, den GRP und die Kosten für die Höhe des Werbedrucks in die Planung miteinzubeziehen. Denn die grundlegende Wahrheit hinter dem Indikator (höherer Werbedruck bedeutet bessere Wahrnehmung der Werbebotschaft) gilt auch für soziale Netzwerke. Und eine Kampagne, die im TV bei 200 GRP/Woche liegt, wird natürlich bessere Ergebnisse erzielen, als das digitale Pendant mit 10 GRP. Im Sinne der Effizienz sollte man Kanäle gegeneinander testen, um Learnings zur Werbewirkung zu generieren.
Was bedeutet das für die tägliche Arbeit?
In der operativen Planung muss die Penetration von Einzelbotschaften eine größere Rolle einnehmen. Nischentargeting sollte dazu genutzt werden, zielgruppenspezifische Creatives auszuspielen. Und eben nicht dazu, die Zielgruppe künstlich zu verkleinern. Stattdessen empfehlen wir, sich die Kontrolle über die Aussteuerung wichtiger Botschaften zurückzuholen: Mit großflächig angelegten Bewegtbild-Kampagnen für die gesamte relevante Zielgruppe der Marke und strategischem Retargeting für kontrollierte Mehrfachkontakte in der Wiederansprache. Ziel sollte es sein, ähnliche GRP-Werte wie in der Klassik herzustellen. Dann entsteht Vergleichbarkeit, die spezifischen Funktionalitäten der sozialen Netzwerke können genutzt und Werbedruck gemessen werden. Wenn man es schafft, an die Digitalkampagne die gleichen Messgrößen anzulegen, hat man als Werbetreibender letztlich mehr Optionalität. Die harten Zahlen belegen, ob die gewünschte Wirkung erzielt wurde oder nicht. Dabei ist es letztlich egal, ob man dem GRP gegenüber skeptisch eingestellt ist.